DE
Ich bin eine schweizerisch-kirgisische Architektin. Für mich ist nachhaltiges Bauen mit gesunden Materialien sehr wichtig; es steht im Mittelpunkt meiner Arbeit. Ich finde, dass auch unsere Bekleidung, unsere zweite Haut, gesunde und natürliche Materialien verdient. Deshalb möchte ich zeitgemäße und hochwertige Kreationen aus dem wunderbaren Rohstoff Wolle anbieten: eine „Slow-Fashion“, die mehrere Jahre überdauert.
EN
I am a Swiss-Kyrgyz architect. Sustainable construction with healthy materials is very important to me; it is the focus of my work. I believe that our clothing, our second skin, also deserves healthy and natural materials. That is why I want to offer contemporary and high-quality creations made from the wonderful raw material wool: a "slow fashion" that lasts for several years.
FR
Je suis un architecte suisse-kirghize. Pour moi, construire durablement avec des matériaux sains est très important ; c'est au cœur de mon travail. Je pense que nos vêtements, notre seconde peau, méritent aussi des matières saines et naturelles. C'est pourquoi je souhaite proposer des créations contemporaines et de qualité réalisées à partir de la merveilleuse matière première la laine : une « slow fashion » qui dure plusieurs années.
DE
Ich werde oft gefragt, wie und wann ich zum Filz gekommen bin.
Meine Leidenschaft für kirgisische Jurten führte mich im Juni 2022 zur Entdeckung von Filz und Wolle. Schweizer Kunden in der Nähe von Luzern hatten bei mir Ersatz Holzkonstruktion für ihre Jurte bestellt. Sie hatten eine Plattform gebaut und diese mit Schafwolle gedämmt, die sie fast gratis von Bauern aus der Umgebung bekommen hatten. Nach dem Aufbau boten sie mir drei Säcke mit übrig gebliebener Wolle an und fragten, ob ich damit etwas anfangen könnte.
Damals hatte ich nur eine vage Vorstellung davon, was man mit Wolle machen kann. Zum Glück wusste ich nicht, wie viel Arbeit es ist, ungewaschene Wolle aufzubereiten. Es wäre einfacher gewesen, die Wolle zu kompostieren und zu vergessen. Aber als Kind hatte ich mit meinen Tanten und Omas bei der Herstellung von Teppichen geholfen und dachte, dass ich es schaffen könnte, die Säcke mit roher, ungewaschener und stark riechender Wolle in saubere Wolle zum Experimentieren zu verwandeln.
Mehrere Wochen verbrachte ich damit, die Wolle zu waschen, zu trocknen, zu klopfen und zu kardieren. Ich musste recherchieren: Wie warm darf das Wasser sein? Welches Waschmittel sollte man verwenden, damit die Wolle nicht schon in der Badewanne ungeplant verfilzt? Wie bekomme ich nach dem Trocknen den Schmutz aus jeder Faser? Wie kann ich die leicht verfilzten Klumpen kämmen? Wann ist die Wolle endlich bereit zur Verwendung?
Wenn ich jetzt zurückblicke, frage ich mich, woher ich die Kraft und Überzeugung genommen habe, weiterzumachen. Ich denke, die Antwort liegt in meinen Kindheitserinnerungen. Zudem gab es einen praktischen Grund: 2022 wohnten wir in einem kleinen Dorf mit wenigen Aktivitäten. Ab dem Spätsommer war es praktisch ruhig, auch im Dorfzentrum, wo wir lebten. Wir hatten zwei geräumige Wohnungen übereinander, mit einem kleinen Garten und einer Terrasse. Ich kannte niemanden im Dorf, sprach kein Französisch, und mein Bauprojekt wurde kurz vor dem Baubeginn gestoppt. Viele Gründe also, um eine neue Beschäftigung zu finden.
Ich erinnere mich an einen besonders emotionalen Moment: Im Herbst 2022, nachdem ich die Wolle endlich zum Filzen aufbereitet und erste Versuche unternommen hatte, war ich endlos fasziniert von den Möglichkeiten der Wolle. Und das war erst der Anfang. Eines Tages musste ich zu einem Treffen in die Stadt fahren. An der Haltestelle wartete ich auf den Bus. Es war neblig und still. Kein Mensch war zu sehen. In Gedanken versunken, erinnerte ich mich plötzlich an meine verstorbene Großmutter. Sie war Handwerkerin und trug fast ausschließlich selbst gefertigte Kleidung. Sie hatte graue Haare bis zum Boden, die sie nur zweimal im Monat wusch und schön geflochten oft unter einem weißen Kopftuch trug. Ich sehnte mich nach ihr und ihren geschickten Händen. So sehr wünschte ich mir, sie wäre noch am Leben, damit wir zusammen Tage und Wochen lang filzen könnten. Sie kannte das Filzen natürlich gründlich. An der Haltestelle brach ich in Tränen aus.
Schritt für Schritt habe ich immer neue Filztechniken sowie verschiedene Fasern und Wollarten kennengelernt. Stück für Stück kaufte ich neue Werkzeuge, die das Filzen erleichtern. Aus der Stube wurde mein erstes Filzatelier. Der Küchentisch war oft mit einem neuen Filzprojekt belegt, da zum Filzen Wasser und ein Waschbecken benötigt werden, war die Nähe zur Küche praktisch.
Bei der Suche nach einem Arbeitsraum für mein Architekturbüro in Lausanne war mir auch eine Infrastruktur mit Lagerfläche und Wasserbecken für ein Filzatelier wichtig. Am besten im Erdgeschoss mit einem großen Schaufenster für Ausstellungen. Das Filzen ist zu einem festen Bestandteil meiner Work-Life-Balance geworden. Es begleitet mich parallel zu meiner praktischen Bautätigkeit. Dabei teile ich mein Wissen durch Workshops mit Architekturstudierenden und anderen Interessierten.
EN
I am often asked how and when I got into felt.
My passion for Kyrgyz yurts led me to discover felt and wool in June 2022. Swiss customers near Lucerne had ordered replacement wooden structure for their yurt from me. They had built a platform and insulated it with sheep's wool that they had gotten almost for free from local farmers. After the construction, they offered me three bags of leftover wool and asked if I could do something with it.
At the time, I only had a vague idea of what you could do with wool. Luckily, I didn't know how much work it is to process unwashed wool. It would have been easier to compost the wool and forget about it. But as a child, I had helped my aunts and grandmas to make carpets and therefore thought that I would manage to turn the bags of raw, unwashed and strong-smelling wool into clean wool for experimentation.
I spent several weeks washing, drying, beating and carding the wool. I had to research: How warm should the water be? Which detergent should I use so that the wool doesn't mat unplanned in the bathtub? How do I get the dirt out of each fiber after drying? How can I comb the slightly matted clumps? When will the wool finally be ready to use?
When I look back now, I wonder where I got the strength and conviction to keep going. I think the answer lies in my childhood memories. There was also a practical reason: in 2022 we lived in a small village with few activities. From late summer onwards it was practically quiet, even in the village center where we lived. We had two spacious apartments one above the other, with a small garden and a terrace. I didn't know anyone in the village, didn't speak French, and my construction project was stopped shortly before construction started. So many reasons to find new employment.
I remember a particularly emotional moment: In the fall of 2022, after I had finally prepared the wool for felting and made my first attempts, I was endlessly fascinated by the possibilities of wool. And that was just the beginning. One day I had to go to a meeting in the city. At the bus stop I waited for the bus. It was foggy and quiet. There was no one to be seen. Lost in thought, I suddenly remembered my late grandmother. She was a craftswoman and wore almost exclusively self-made clothes. She had gray hair down to the floor, which she only washed twice a month and often wore beautifully braided under a white headscarf. I longed for her and her skillful hands. I wished so much that she were still alive so that we could felt together for days and weeks. Of course, she knew felting thoroughly. At the bus stop I burst into tears.
Step by step I learned new felting techniques as well as different fibers and types of wool. Little by little I bought new tools that make felting easier. The living room became my first felting studio. The kitchen table was often occupied by a new felting project, and since felting requires water and a sink, the proximity to the kitchen was practical.
When looking for a workspace for my architecture office in Lausanne, an infrastructure with storage space and a water basin for a felting studio was also important to me. Ideally on the ground floor with a large display window for exhibitions. Felting has become an integral part of my work-life balance. It accompanies me parallel to my practical construction work. I share my knowledge through workshops with architecture students and other interested parties.